Internationale und nationale Strategien und Maßgaben
Hier finden Sie Informationen zu folgenden Themenbereichen:
Ziele der WHO und European Immunization Agenda 2030
Internationale Anstrengungen beziehen sich auf die Prävention von HPV-assoziierten Tumorerkrankungen, insbesondere auf die Reduzierung der Krankheitslast durch das Zervixkarzinom. Die WHO verfolgt das Ziel, Gebärmutterhalskrebs langfristig bis Ende des Jahrhunderts zu eliminieren. Auf dem Weg dorthin soll die Gebärmutterhalskrebsinzidenz weltweit dauerhaft unter 4 Fällen pro 100.000 Frauen pro Jahr gehalten werden, um zunächst Gebärmutterhalskrebs als Public Health Problem zu beseitigen. Um diesem Ziel weltweit näher zu kommen, verabschiedete die WHO im August 2020 eine globale Strategie mit Zielmarken bis 2030, die möglichst in allen Ländern angestrebt werden sollten.
Konkret wurden folgende Zielmarken im Sinne einer Gesamtstrategie für Krebsprävention, ‑(früh)erkennung und -behandlung von der WHO formuliert:
- 90% der Mädchen sollen im Alter von 15 Jahren vollständig gegen HPV geimpft sein (Primärprävention)
- 70% der Frauen sollen im Alter von 35 Jahren und nochmals im Alter von 45 Jahren im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung auf HPV getestet werden (Sekundärprävention)
- 90% der Frauen mit Präkanzerosen sollen behandelt und 90% der Frauen mit invasiven Krebsformen sollen versorgt werden (Tertiärprävention)
Aufgrund des nachweislichen Effekts der HPV-Impfung auf die Krankheitslast wurde das Ziel, eine HPV-Impfquote (vollständige Impfung) von mindestens 90% bei 15-jährigen Mädchen bis 2030 zu erreichen, auch von der WHO Europa in die European Immunization Agenda 2030 aufgenommen.
Die EU-Kommission gibt darüber hinaus in Europas Plan gegen den Krebs vor, dass auch für Jungen die HPV-Impfquoten deutlich gesteigert werden sollen. Deutschland als Teil der EU unterstützt das Ziel der Krebsprävention (Rat der EU 2021).
Sowohl die Inzidenzraten für Gebärmutterhalskrebs als auch der Stand der zuvor genannten Ziele fällt in den Ländern weltweit und auch in der Europäischen Region sehr unterschiedlich aus. Deutschland wies im Jahr 2022 eine altersstandardisierte Inzidenz von 8,7/100.000 Frauen pro Jahr auf (Daten des ZfKD). Dank der umfassenden Gesundheitsversorgung – einschließlich des bereits 1971 in der BRD eingeführten gesetzlichen Früherkennungsprogramms mit jährlich angebotenem zytologischen Screening (Pap-Abstrich) für Frauen ab 20 Jahren, seit 2020 modifiziert durch das Angebot einer Kombination aus Zytologie und HPV-Test im Abstand von jeweils 3 Jahren ab 35 Jahren sowie eines niedrigschwelligen Therapieangebots für alle von Präkanzerosen oder invasiven Karzinomen betroffenen Frauen – kann in Deutschland davon ausgegangen werden, dass die von der WHO angestrebten Mindestquoten für Sekundär- und Tertiärprävention erreicht bzw. (deutlich) übertroffen werden. Hingegen liegen die HPV-Impfquoten bei Mädchen in Deutschland – trotz eines kontinuierlichen Anstiegs in den letzten Jahren – noch deutlich unter der Zielmarke von 90% (siehe Abschnitt Aktuelle Situation in Deutschland: HPV-Impfquoten).
GMK-Beschluss vom 16. Juni 2021 (TOP 8.1)
In der Gesundheitsminister-Konferenz (GMK) im Juni 2021 wurde ein Katalog von sieben Maßnahmen mit dem Ziel der Verbesserung der HPV-Impfquoten vorgeschlagen.
- Die Maßnahmenvorschläge a und b beziehen sich auf die Bitte ans BMG, zeitnah die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mit einer Aufklärungskampagne zur HPV-Impfung (Schwerpunkt: Impfung gegen Krebs für Mädchen und Jungen, Ansprechpersonen primär Eltern) sowie mit herstellerneutralen Impf-Aufklärungsmaterialien für Patienten (z. B. Plakate und Faltblätter) zu weiteren empfohlenen, jedoch nicht ausreichend wahrgenommenen Impfungen zur Nutzung in den Arztpraxen zu beauftragen.
- In Maßnahmenvorschlag c soll darüber hinaus mit Maßnahmen unter Ärztinnen und Ärzten und verschiedenen Multiplikatoren der Impfgedanke verbreitet werden und ergänzend Möglichkeiten der aufsuchenden Beratung/Erinnerung an Schulen (z.B. bzgl. Auffrischimpfungen im Jugendalter) idealerweise durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) und im Rahmen freier Kapazitäten als Aktionswochen sowie durch direkte Impfangebote in den Schulen umgesetzt werden.
- Die drei Maßnahmenvorschläge d bis f zielen auf die Nutzung von Erinnerungssystemen ab: Krankenkassen sollen sowohl an die Wahrnehmung der J1-Untersuchung erinnern (d) als auch Impferinnerungssysteme für ihre Versicherten etablieren oder weiterentwickeln (e); darüber hinaus soll bei Krankenkassen und über die Ärztekammern „auf eine Unterstützung eines standardisierten Impfmanagements in Arztpraxen sowie auf die Etablierung eines elektronischen Impfpasses mit einer evidenzbasierten Impf-Erinnerungsfunktion“ hingewirkt werden (f). Schließlich wird die Aufnahme der U10, U11 und J2 in den Leistungskatalog der Krankenkassen favorisiert (g), um hier als Nebeneffekt weitere potenzielle Arztkontakte für eine mögliche HPV-Impfaufklärung und -impfung zu etablieren.
Zudem wies die GMK in ihrem Beschluss nachdrücklich daraufhin, dass sie die Bemühungen der Nationalen Lenkungsgruppe Impfen (NaLI) zur Verbesserung der Impfquoten in Deutschland unterstützt.