Beispiele bestehender Projekte und Maßnahmen für niedrigschwellige Impfangebote

In Deutschland werden bereits unterschiedliche Ansätze verfolgt, um über die Arztpraxen hinaus Impfungen niedrigschwellig anzubieten und Impfhürden zu beseitigen. Für die Zielgruppe der HPV-Impfung sind dies v.a. die Schulen, in denen die Altersgruppe umfassend erreicht werden kann. Initiativen für Schulimpfungen gibt es bereits, hier können die Länder und die Schulträger vor Ort tätig werden. Die Relevanz der Schule und anderen Bildungseinrichtungen als Ort der Aufklärung zu HPV ist im Handlungsfeld "Gesundheitskompetenz der Bevölkerung in Bezug auf die HPV-Impfung" genannt. Das Engagement und die Abstimmung der relevanten Akteure sind dabei essenziell. Neben der Schule können Angebote in anderen Settings für weitere Zielgruppen relevant sein.

Adressaten von niedrigschwelligen Impfangeboten können die gesamte Zielgruppe sein, für die die Impfung empfohlen wird, oder auch gezielt Personengruppen mit besonderen Bedarfen.

Aufbau einer Infrastruktur für eine verbesserte Kommunikation und Koordination

Einige Bundesländer haben Arbeitskreise bzw. Landesarbeitsgemeinschaften zum Thema Impfen mit Vertreterinnen und Vertretern der Länder, niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten sowie Vertreterinnen und Vertretern anderer relevanter Akteure etabliert. Ziel der Arbeitskreise ist es, einen altersgerechten Impfstatuts der Bevölkerung im Bundesland zu erreichen und dabei die Gegebenheiten im Land zu berücksichtigen. Innerhalb der Arbeitskreise werden u.a. mögliche Maßnahmen des altersgerechten Impfschutzes und bestehende Probleme besprochen.

Eines von mehreren Beispielen ist der Arbeitskreis Impfen in Sachsen-Anhalt. Seit 1998 ist in Sachsen-Anhalt das „Erreichen eines altersgerechten Impfstatus bei über 90% der Bevölkerung“ als Ziel im landesweiten Gesundheitszielprozesses verankert. Weiterführende Informationen finden Sie bei der Landesvereinigung für Gesundheit Sachsen-Anhalt e.V..

Weitere Beispiele für bewährte Landesarbeitsgemeinschaften Impfen und deren Aktionen zum Thema HPV, wie in Bayern, Niedersachsen, Baden-Württemberg, Hessen und Schleswig-Holstein, sind künftig im Schwerpunkt HPV der NaLI-Website mit Links und Beschreibungen zu finden.

Auf Bundesebene bietet die NaLI ein Forum für den kontinuierlichen Austausch der Akteure zu Impfthemen sowie zur Koordination bundesweiter Maßnahmen und gemeinsamer Aktionen. Dabei findet entsprechend dem NaLI-Auftrag auch ein Dialog mit den obengenannten Landesarbeitsgemeinschaften statt, in dessen Rahmen beispielsweise Projekte oder Aktionen in den jeweiligen Sitzungen vorgestellt werden. Der Austausch wird zusätzlich dadurch erleichtert, dass Personen zum Teil sowohl in der NaLI als auch in einem der Gremien auf Landesebene tätig sind.

Schulimpfungen

In der Stadt Bremen wird seit dem Schuljahr 2013/2014 vom Gesundheitsamt (GA) Bremen ein flächendeckendes HPV-Schulimpfprogramm durchgeführt. Zielgruppe sind alle Schülerinnen und seit dem Schuljahr 2022/2023 auch alle Schüler der achten Klassen (13- bis 14-Jährige) in der Stadt Bremen.

Für die neuaufgelegte Impfaktion im Schuljahr 2022/2023 wurden je 2 Impftermine im Abstand von 5 Monaten in den Schulen sowie 2 Nachholtermine im Schuljahresverlauf beim Gesundheitsamt angeboten. Da die aktuelle STIKO Empfehlung auch Jungen eine HPV-Impfung empfiehlt, erweiterte sich der Kreis der potenziell Impfwilligen in den 8. Klassen von 2.449 im Schuljahr 2018/2019 auf 4.903 Schülerinnen und Schüler im aktuellen Schuljahr. Zusätzlich wurde in den Vorklassen/Sprachklassen der Sekundarstufe I und II, Erwachsenenschulen sowie Berufsschulen ein Angebot zum Schließen von Impflücken, u.a. auch für HPV, gemacht. Hierdurch erweiterte sich der Kreis der Schülerinnen und Schüler, denen ein Impfangebot gemacht werden konnte, auf insgesamt 8.357. Nach Abschluss der Impfaktion wurden insgesamt 1.634 HPV-Impfdosen verimpft, davon waren 908 Erstimpfungen. Im Jahr 2024 erfolgte erstmalig eine umfassende retrospektive Evaluation des Bremer HPV-Schulimpfprogramms über mehrere Schuljahre hinweg durch das GA Bremen in Zusammenarbeit mit dem RKI. Die Ergebnisse der Evaluation wurden in verschiedenen frei zugänglichen Publikationen veröffentlicht (Singer et al., 2025; Takla et al., 2025). Darüber hinaus wurde erstmalig ein Übersichtsartikel zur aktuell vorliegenden Evidenz aus Schulimpfprogrammen in Deutschland verfasst (Takla et al., 2025).

Weitere Beispiele für frühere oder bestehende Schulimpfangebote in den Bundesländern wie z.B. in Hessen (Landkreis Bergstraße) oder Sachsen (Leipzig) sind künftig im Schwerpunkt HPV der NaLI-Website zu finden.

Allgemeines Impfangebot durch den ÖGD

Die obersten Landesgesundheitsbehörden können bestimmen, dass die Gesundheitsämter unentgeltlich Schutzimpfungen oder andere Maßnahmen der spezifischen Prophylaxe gegen bestimmte übertragbare Krankheiten durchführen, so regelt es § 20 Abs. 5 IfSG. In Mecklenburg-Vorpommern beispielsweise werden in allen Landkreisen durch die Gesundheitsämter regelmäßig wöchentliche Impfsprechstunden angeboten. Mecklenburg-Vorpommern hat hierfür verschiedene Vereinbarungen geschlossen. Dazu gehören beispielsweise die Impfvereinbarungen des Landes mit den gesetzlichen Krankenkassen und dem Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. (PKV), die dem ÖGD die Durchführung aller von der STIKO empfohlenen und in der SI-RL des G-BA enthaltenen Schutzimpfungen ermöglichen.

So wurden 2024 insgesamt 20.582 Impfungen durch den ÖGD und die vertraglich gebundenen Betriebsärztinnen und -ärzte in Mecklenburg-Vorpommern durchgeführt. In den letzten 6 Jahren wurden im ÖGD insgesamt etwa 1.000 HPV-Impfungen verabreicht.

Die Impfstofflogistik sowie die Abrechnungsmodalitäten werden hierfür zentral über das LAGuS abgewickelt. Das LAGuS als zuständige Landesbehörde schreibt Impfstoffe gemäß Liste der öffentlich empfohlenen Impfungen für den ÖGD aus. Die Gesundheitsämter bestellen für sich per Webanwendung die Impfstoffe beim LAGuS, die Auslieferung der Impfstoffe erfolgt dann direkt an die Gesundheitsämter. Die Gesundheitsämter melden über eine Webanwendung die durchgeführten Schutzimpfungen an das Land. Die Kostenabrechnung mit den gesetzlichen Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen erfolgt jährlich.

Da das LAGuS darüber hinaus die 2 Erstaufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende im Land mit Impfstoff versorgt, wird die Webanwendung auch für die Abrechnung mit dem zuständigen Innenministerium in Mecklenburg-Vorpommern genutzt.

Die Ärztekammer und die KV Mecklenburg-Vorpommern unterstützen die Wissensvermittlung zum Impfen. Alle impfenden Ärztinnen und Ärzte sind angehalten, mittels eines Grundkurses ein Basis-Impfwissen zu erlangen und dieses im Rahmen eines Refresherkurses regelmäßig aufzufrischen.

Impfen in Humanitärer Sprechstunde des ÖGD

Die Humanitären Sprechstunden im Gesundheitsamt Frankfurt am Main richten sich an alle Menschen ohne oder mit ungeklärtem Krankenversicherungsschutz in der Stadt. Basierend auf § 7 Absatz 2 Hessisches Gesetz über den Öffentlichen Gesundheitsdienst (HGöGD) bietet das Frankfurter Gesundheitsamt kostenfreie und vertrauliche Dienstleistungen an, einschließlich der Behandlungen unter Pseudonym, um sicherzustellen, dass jede Person Zugang zu medizinischer Versorgung erhält. Das Angebot beinhaltet allgemein- und kinderärztliche Sprechstunden.

Im Rahmen der kinderärztlichen Untersuchungen und Behandlungen werden auch die Früherkennungsuntersuchungen („U-Untersuchungen“) durchgeführt. Darüber hinaus bietet das GA Frankfurt am Main Standard- und Auffrischimpfungen gemäß den Empfehlungen der STIKO in den Humanitären Sprechstunden an.

Um Impfhürden weiter abzubauen, werden im GA Frankfurt am Main auch während der Beratungen – einschließlich der humanitären Erwachsenen- und Gynäkologie-Sprechstunden, aber auch bei der Beratung für sexuelle und reproduktive Gesundheit – Impfangebote gemacht. Ergänzt wird das Angebot durch die Impfberatungsstelle vor Ort. Sie bietet eine individuelle Beratung über alle gängigen Impfungen (Impfungen für Kinder und Jugendliche sowie Erwachsene; Impfungen für besondere Risikogruppen und bestimmte Berufsgruppen). Auch werden die Erfahrungen aus der Pandemie genutzt, um weitere bürgernahe Impfangebote zu schaffen.

Darüber hinaus werden durch Partnerschaften mit Maisha e.V., den Einsatz der Gesundheitslotsinnen und ‑lotsen des GA Frankfurt und durch die Zusammenarbeit mit dem Quartiersmanagement in Stadtteilen, die weitere Zugänge zu verschiedenen Communities geschaffen haben, um auf Impfberatungen und Impfangebote aufmerksam zu machen. Dafür werden auch Materialien in verschiedenen Sprachen sowie in einfacher Sprache entwickelt und veröffentlicht: Humanitäre Sprechstunden der Stadt Frankfurt am Main (Informationsflyer in Englisch, Französisch, Spanisch, Türkisch, Bulgarisch und Rumänisch als Download verfügbar).

Alle anderen Sprachen sind in gedruckter Form als Flyer oder Faltblätter vor Ort. Es besteht zudem die Möglichkeit der Nutzung eines telefonischen Sprachdienstes während der Behandlungen.

Die Darstellung weiterer Beispiele für Impfangebote des ÖGD für Asylsuchende, Unversicherte und andere Bevölkerungsgruppen in den Bundesländern ist künftig auf der NaLI-Website geplant.

Letzte Aktualisierung: 27.11.2025