Beispiele bestehender Maßnahmen für ein verbessertes Impfmanagement

Mit dem Management von Impfungen werden Strukturen zur Organisation von Impfungen umfasst, die auf die anstehende Impfung hinweisen oder an die verpasste Impfung erinnern. Dies kann unterschiedliche Akteure adressieren (Ärzteschaft, Impflinge) und verschiedene Angebote umfassen. Es kann auch die Erinnerung an eine anstehende Früherkennungsuntersuchung sein, die eine Überprüfung des Impfstatus umfasst, beispielsweise das Einladungswesen für die Jugendgesundheitsuntersuchung J1 durch die gesetzlichen Krankenkassen.

Einladung zur Jugendgesundheitsuntersuchung J1

In Deutschland haben niedergelassene Ärztinnen und Ärzte eine entscheidende Beratungsfunktion im Hinblick auf anstehende Impfungen und eine positive Impfentscheidung. Insbesondere für die HPV-Impfbereitschaft gilt die Empfehlung des Arztes bzw. der Ärztin über zahlreiche Studien hinweg als einer der wichtigsten Faktoren (Holman et al., 2014). Impfungen, die in einem langjährigen Zeitraum zur Inanspruchnahme empfohlen werden und nicht mit anderen Anlässen wie bestimmten Früherkennungsuntersuchungen verbunden sind, werden von Kindern und Jugendlichen jedoch unterdurchschnittlich in Anspruch genommen (BARMER Arzneimittelreport 2019). Fällt der Zeitpunkt für eine HPV-Impfung mit einem anderen Arzttermin, z.B. einer Vorsorgeuntersuchung zusammen, ist die Inanspruchnahme höher. Das belegen u.a. bundesweite Auswertungen von Abrechnungsdaten (Rieck et al., 2014), Erhebungen aus Ländern wie z.B. Saarland (Smola et al., 2021) und von einzelnen Krankenkassen (BARMER Arzneimittelreport 2019).

Eine Früherkennungsuntersuchung im Alter von 9 bis 10 Jahren, wie sie beispielsweise derzeit im Rahmen von Selektivverträgen von Krankenkassen angeboten wird, scheint ein idealer Zeitpunkt für eine Intervention zur Steigerung der HPV-Impfraten zu sein (Smola et al., 2021). Allerdings ist eine Früherkennungsuntersuchung im Alter von 9 bis 10 Jahren bisher nicht Bestandteil der Kinder-Richtlinie des G‑BA und damit nicht Standardleistung der GKV, anders als die J1, die im Alter zwischen 12 und 14 Jahren durchgeführt wird. Ein enger Zusammenhang zeigte sich in den Daten der Studie für die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) Welle 1 in der Altersgruppe der 14- bis 17-jährigen Mädchen auch zwischen HPV‑Impfung und Frauenarztbesuch, wobei die häufigsten Anlässe dafür Menstruationsbeschwerden oder Fragen zur Verhütung waren. Die Chance, dass ein Mädchen gegen HPV geimpft war, verdoppelte sich bei mindestens einem frauenärztlichen Kontakt (Poethko-Müller & Buttmann-Schweiger, 2014). Früherkennungsuntersuchungen sind Gelegenheiten zur Information und Beratung der Familien und der Jugendlichen sowie zur Überprüfung des Impfstatus. Vorstellungen im späteren Jugendalter, wie z.B. zur Jugendarbeitsschutzuntersuchung oder vor Reisen, sollten ebenfalls genutzt werden, um Impfserien zu vervollständigen.

EU-Länder mit hohen HPV-Impfquoten (>70%) haben alle ein strukturiertes Einladungs- und Erinnerungssystem; der Ort zur Durchführung des Impfangebots kann sich unterscheiden (Impfungen in Schulen, Gesundheitszentren oder Praxen u.a.; »digiMed-HPV«-Abschlussbericht). Gemeinsam ist diesen Systemen, dass alle Personen der Zielgruppe systematisch erreicht werden können. In Deutschland gibt es in manchen Ländern ebenfalls öffentliche Einladungen zur J1. So beispielsweise im Landkreis Mettmann, in Mecklenburg-Vorpommern und in Brandenburg. In Brandenburg wurde das Einladungswesen beispielsweise 2015 evaluiert. Demnach war ein Anstieg der Inanspruchnahme nach Einführung der zentralen Einladungen festzustellen. Auch verschiedene Krankenkassen versenden Einladungsschreiben bzw. Erinnerungen oder bieten z.B. einen entsprechenden Service an, bei dem sich die Versicherten anmelden können (DAK-Gesundheit: J1. erste Vorsorgeuntersuchung für Jugendliche). Einladungsschreiben für Kinder- und Jugendlichen-Früherkennungsuntersuchungen mit Informationen zur HPV-Impfung sind eine sinnvolle Möglichkeit, auch in anderen Regionen die Impfquoten zu steigern.

Impfmanagement-Software-Systeme für die ärztliche Praxis

Zu einem verbesserten Impfangebot an die Patientinnen und Patienten in der ärztlichen Praxis können qualitätsgeprüfte Impfmanagementsysteme in der Praxis beitragen, die kommerziell erhältlich sind und eine Reihe von verschiedenen Funktionalitäten aufweisen.

Aus Sicht der Ärzteschaft sollten sie optimalerweise folgenden Anforderungen genügen:

  • Kompatibilität zu allen Praxisverwaltungssystemen (PVS) sowie zum künftigen eImpfausweis in der ePA als auch der Möglichkeit der Übernahme alter Impfdaten aus anderen Programmen.
  • Durch die Anbindung an die PVS automatisierte, individuelle patientenbezogene Impfempfehlungen mit automatischer Analyse des Impfstatus, sog. „Impfampel“ (unter Berücksichtigung von Vorerkrankungen, Beruf, Reisen etc.).
  • Impfstoff-Lagerlogistik mit Abrechnungsmodalitäten und Impfstoffbuchungen;
  • Recallsystem für fällige Impfungen (SMS, Mail, Serienbrief, Telefonliste für MFA);
  • Anbindung an passende Smartphone-Impf-App für Patientinnen und Patienten, welche einen Austausch von Daten des Impfausweises und Teilen von Impfpassdaten mit anderen Praxen ermöglicht sowie eine sichere Impfdokumentation in der Praxis und beim Impfling.

Zur Förderung eines qualitätsgeprüften, individuell abgestimmten Impfangebots sollten (finanzielle) Anreize für Praxisärztinnen und -ärzte (z.B. durch Krankenkassen) geprüft werden.

Praxis-App

Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzt*innen e.V. (BVKJ) stellt seinen Mitgliedern die Praxis-App „Meine pädiatrische Praxis“ zur Verfügung. Nimmt die entsprechende Praxis daran teil, können Familien ihre Kinder damit bei „ihrem“ Kinder- und Jugendarzt registrieren und sich basierend auf dem Geburtsdatum des Kindes rechtzeitig an Vorsorgeuntersuchungen und anstehende Impfungen bei ihren einzelnen Kindern erinnern lassen. Automatisiert gesendet werden Impferinnerungsnachrichten entsprechend den STIKO-Empfehlungen und im Namen der behandelnden Praxis, die diese in der Praxis-App-Verwaltung individuell anpassen kann. Weitere Funktionen der App sind u.a. ein praxiseigener Patienteninformationskanal und ein Online-Terminvereinbarungssystem. Derzeit bieten 1.204 Praxen mit 2.108 Kinder- und Jugendärztinnen und -ärzten diese App an (Stand: November 2025). Eine InApp-Analyse zeigte, dass damit die Impfbereitschaft erhöht wurde. Erinnerungen entsprechend dem Impfstatus können nicht vorgenommen werden, da keine Schnittstelle zu den Daten im Praxisinternen Verwaltungssystem besteht. Information zur BVKJ-App finden sich auf der Internetseite von Kinder- & Jugendärzte im Netz.

Ähnliche Praxis-Apps stehen auch für andere Berufsgruppen wie Hausärztinnen und Hausärzte und Frauenärztinnen und Frauenärzte zur Verfügung.

Letzte Aktualisierung: 27.11.2025