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Weiterentwicklung von Monitoring und Surveillance

Mit einer guten Surveillance kann die Impfteilnahme zeitnah sowie kleinräumig analysiert werden und helfen, Impflücken zu identifizieren. Darüber hinaus können langfristig Auswirkungen der Impfungen auf Erkrankungsraten der HPV-induzierten Karzinome und Genitalwarzen (Feigwarzen) bewertet werden. Im folgenden Handlungsfeld werden die bestehenden Instrumente des Monitorings zu Erkrankungszahlen, Impfquoten, Impfnebenwirkungen und Akzeptanz der Impfung kurz vorgestellt und Empfehlungen zur Weiterentwicklung einzelner Maßnahmen gegeben.

Bestehende Instrumente

Erkrankungszahlen

Daten zur Inzidenz, Prävalenz und Mortalität der HPV-induzierten Krebsarten werden in den Krebsregistern der Länder dokumentiert, auf Bundesebene beim Zentrum für Krebsregisterdaten (ZfKD) zusammengeführt und in einzelnen Studien – z.B. von der KV Bayerns anhand der Abrechnungsdaten (Osmani et al., 2022) – sowie vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi) untersucht:

  • Die Daten der Landeskrebsregister und des ZfKD stehen auf Antrag für Forschungszwecke zur Verfügung. Alle zwei Jahre veröffentlicht das ZfKD den Bericht „Krebs in Deutschland“ zu Häufigkeiten und Entwicklungen von Krebserkrankungen in Deutschland; alle fünf Jahre wird ein zusammenfassender Bericht über die wesentlichen Entwicklungen in der Bekämpfung von Krebserkrankungen in Deutschland veröffentlicht. Zudem steht am ZfKD eine Datenbankabfrage zur Verfügung. Daraus können die wichtigsten statistischen Parameter zu einzelnen Krebsarten entnommen werden und es ist ein Vergleich der Zahlen über mehrere Jahre möglich.
  • Da Gebärmutterhalskrebs und vor allem dessen Vorstufen auch schon bei jungen Frauen auftreten, eignen sich die Inzidenzraten in den Altersgruppen von 20-34 Jahren bei den Krebsregistern bereits heute dazu, den Effekt der HPV-Impfung in der weiblichen Bevölkerung zu beschreiben. Erste Ergebnisse wurden bereits publiziert (Grieger et al., 2024; Stuebs et al., 2025). Für andere Krebsarten bzw. für Männer sind messbare Effekte wegen des typischerweise deutlich höheren Erkrankungsalters (und der späteren Einführung der Jungen-Impfung) erst in 10 bis 20 Jahren zu erwarten.
  • Die Abrechnungsdaten der Länder-KVen bieten bereits jetzt die Möglichkeit, Diagnosen von HPV-induzierten Tumoren wie Gebärmutterhalskrebs, zervikale Präkanzerosen und Genitalwarzen auf der Basis des individuellen HPV-Impfstatus auszuwerten. Eine Publikation mit Daten der KV Bayerns konnte eindrucksvoll den hohen Effekt der HPV-Impfung (vollständig sowie auch mindestens 1-mal geimpft) auf die Reduzierung des Auftretens von Genitalwarzen und zervikalen Präkanzerosen aufzeigen (Osmani et al., 2022); eine aktualisierte Version der Publikation mit Endpunkt Gebärmutterhalskrebs wird derzeit vorbereitet.
  • Daten zum HPV-Status bei potenziell HPV-assoziierten Tumoren und deren Vorstufen werden teilweise (v.a. für das Oropharynxkarzinom) in den Krebsregistern sowie routinemäßig für Frauen ab 35 Jahren im Rahmen der Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs erhoben (Co-Testung von HPV und Zytologie). Für diese Bevölkerungsgruppe liegen somit auch bevölkerungsbezogene Daten zur genitalen HPV-Prävalenz vor. Evaluationsberichte zu dieser Früherkennungsuntersuchung werden regelmäßig vom G-BA in Auftrag gegeben und veröffentlicht: Evaluationsberichte der organisierten Früherkennungsprogramme für Darm- und Gebärmutterhalskrebs.
  • Die Schätzung des Anteils HPV-induzierter bzw. attributabler Tumoren bei den potenziell HPV-assoziierten Krebsarten für Deutschland erfordert zusätzliche Analysen bzw. Evidenzsynthesen und ist mit erheblichen Unsicherheiten verbunden, u.a. da sich diese Anteile international unterscheiden, sich über die Zeit verändern und zumindest für die meisten der betreffenden Krebsarten nicht aus Routine- oder Registerdaten erhoben werden können.

Impfquoten

Aktuelle belastbare Daten zum Immun- und Impfstatus der Bevölkerung sind unerlässlich für die Formulierung und Evaluation von Impfempfehlungen sowie Impfprogrammen. Sie liefern wichtige Hinweise zur Umsetzung der Empfehlungen der STIKO, zur Impfakzeptanz in der Bevölkerung und bei der Ärzteschaft sowie zu bestehenden Impflücken. Zielgruppenspezifische Impfdaten sind weiterhin eine entscheidende Voraussetzung, um Trends, regionale Unterschiede und soziodemografische Besonderheiten beim Impfschutz darzustellen und gezielte Kommunikationsstrategien entwickeln zu können.

In Deutschland hat das RKI den gesetzlichen Auftrag, Impfquoten zu erfassen und darüber zu berichten. Seit mehreren Jahrzehnten existieren hierfür effektive Erhebungssysteme. Daten zu durchgeführten Impfungen werden überwiegend dezentral und regional auf Basis von zwei im IfSG verankerten Säulen erhoben: Regelmäßig erhobene Daten aus den Schuleingangsuntersuchungen (nach § 34 Abs. 11 IfSG) und die Impfquoten, die im Rahmen der KV‑Impfsurveillance vom RKI auf Grundlage der von den 17 KVen übermittelten Abrechnungsdaten (nach § 13 Abs. 5 Satz 1 IfSG) abgeschätzt werden. Letzteres beinhalten Daten aus der vertragsärztlichen Versorgung, die die ambulante Versorgung der gesetzlich Krankenversicherten widerspiegeln und somit ca. 87% der Bevölkerung abdeckt. Impfungen, die nicht über die KVen abgerechnet werden, können in der KV-Impfsurveillance nicht berücksichtigt werden (z.B. Impfungen bei Privatversicherten oder die vom ÖGD durchgeführt werden) (Rieck et al., 2025).

Da der empfohlene Impfzeitraum für die HPV-Impfung im Alter von 9 bis 14 Jahren liegt, sind die Impfquotendaten aus den Schuleingangsuntersuchungen in diesem Zusammenhang nicht relevant. Mit den Daten aus der KV‑Impfsurveillance können jedoch die HPV-Impfquoten im empfohlenen Impfalter – einschließlich Nachholimpfungen – repräsentativ für alle Bundesländer und sogar bis auf Kreisebene abgeschätzt werden. Das RKI wertet jährlich die Abrechnungsdaten der KVen aus, berechnet die Impfquoten in einzelnen Alterskohorten und veröffentlicht diese im Epidemiologischen Bulletin. Zuletzt wurden aktuelle Ergebnisse aus dem RKI-Impfquotenmonitoring mit HPV-Impfquoten für das Jahr 2023 Ende 2024 veröffentlicht (Rieck et al., 2024). Der jeweilige jährliche Zeitverzug zwischen Leistung und Analyse bzw. Publikation ist den strukturellen Gegebenheiten der Datenquelle geschuldet (Rieck et al., 2025).

Über das Dashboard VacMap (www.rki.de/vacmap) des RKI können zudem Impfquoten in Deutschland auf Basis der KV-Abrechnungsdaten für jeden zugänglich abgefragt werden. Seit Ende 2024 ermöglicht der Ausbau von VacMap auch die Darstellung der HPV-Impfquoten, stratifiziert nach Alter, Geschlecht, Anzahl der Impfungen (angefangene und abgeschlossene Impfserie) sowie Ort (Bundesland, Land-/Stadtkreis). Zudem können zeitliche Trends durch Vergleiche mit den Vorjahren dargestellt werden. Damit ist es möglich, die Umsetzung von Impfempfehlungen zu evaluieren und Impflücken in einzelnen Regionen oder Altersgruppen zu identifizieren.

Impfnebenwirkungen

In Deutschland sind die Anforderungen an die Sicherheit von Impfstoffen allgemein sehr hoch. Nach geltendem Arzneimittelrecht erhält ein Impfstoff nur dann eine Zulassung, wenn seine pharmazeutische Qualität, Wirksamkeit, Sicherheit und ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis nachgewiesen sind. Den Nachweis darüber müssen die Hersteller in einem umfassenden Zulassungsverfahren mit einer Reihe von vorklinischen Untersuchungen und klinischen Prüfungen erbringen. In Deutschland werden die wissenschaftlichen Belege durch das PEI geprüft. Für Zulassungen auf EU-Ebene übernimmt der Wissenschaftliche Ausschuss für Humanarzneimittel (Committee for Human Medicinal Products, CHMP) der Europäischen Arzneimittel-Agentur (European Medicines Agency, EMA), besetzt mit Expertinnen und Experten aus den nationalen Behörden der Mitgliedstaaten, darunter dem PEI, die zentrale Bewertung (weiterführende Informationen zum Thema Impfstoffentwicklung und -zulassung finden sich auf der NaLI-Website).

Wie bei jedem anderen Arzneimittel sind jedoch Nebenwirkungen, die über übliche Impfreaktionen hinausgehen, nicht ausgeschlossen. Auch nach der Zulassung wird das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis, das bei der Zulassung festgestellte wurde, kontinuierlich überwacht. Grundlage dafür sind die Analyse und Bewertung von regelmäßigen Sicherheitsberichte, die von den Zulassungsinhabern erstellt werden müssen. Eine kontinuierliche Überwachung der Sicherheit (Pharmakovigilanz) und die Erfassung zusätzlicher Daten im Rahmen der breiten Anwendung sorgen für eine schnelle Identifikation potenzieller, bisher unbekannter Risiken (Sicherheitssignale). Diese sogenannte Post-Marketing-Überwachung ist entscheidend, um weitere Informationen zur Sicherheit des Impfstoffs, wie etwa das Auftreten sehr seltener unerwünschter Nebenwirkungen, in größeren und vielfältigeren Bevölkerungsgruppen zu gewinnen, die in den klinischen Studien vor der Zulassung nicht ausreichend berücksichtigt werden konnten. Dabei ist zu beachten, dass Symptome, die zeitlich nach an einer Impfung auftreten, nicht zwangsläufig ursächlich mit der Impfung zusammenhängen müssen. Im Rahmen der Qualitätskontrolle muss zudem jede neu produzierte Impfstoffcharge vor der Markteinführung in Deutschland nach einer unabhängigen Prüfung durch das PEI freigegeben werden (staatliche Chargenprüfung).

Um möglichst alle Nebenwirkungen zu erfassen und wissenschaftlich zu analysieren, existiert in Deutschland ein gesetzlich geregeltes Meldesystem. Im Rahmen der sogenannten Spontanerfassung von Nebenwirkungen müssen dem PEI als zuständiger Bundesbehörde alle Verdachtsfälle von Nebenwirkungen gemeldet werden. Nach IfSG sind die für die Durchführung der Schutzimpfung verantwortliche Person sowie Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker und Leitungen einer öffentlichen Apotheke verpflichtet, den Verdacht einer über das übliche Ausmaß einer Impfreaktion hinausgehenden gesundheitlichen Schädigung an das zuständige Gesundheitsamt zu melden. Die Gesundheitsämter sind verpflichtet, diese gemeldeten Verdachtsfälle unverzüglich der zuständigen Landesbehörde unter Wahrung der Datenschutzbestimmung zu übermitteln. Gleichzeitig muss die Meldung ohne Verzögerung an das PEI weitergeleitet werden – je nach landesrechtlicher Regelung entweder durch die Landesstelle oder direkt durch das Gesundheitsamt (§§ 6, 8 und 11 IfSG; weiterführende Informationen zur Meldung eines Verdachts auf Impfnebenwirkung sind auf der NaLI-Website zu finden). Es besteht zudem die Möglichkeit, dass Geimpfte unerwünschte Wirkungen direkt an das PEI über das Webportal nebenwirkungen.bund.de zu melden.

Das PEI bewertet alle Verdachtsfälle im Zusammenhang mit Impfungen. Die Bewertung der Meldungen durch das PEI erfolgt nach international definierten Kriterien. So können neue Signale – auch unter Einbeziehung europäischer und internationaler Daten zur Sicherheit von Impfstoffen – zeitnah erkannt und das Nutzen-Risiko-Profil der Impfstoffe kontinuierlich überwacht werden, um die Sicherheit von Impfungen zu gewährleisten.

Das PEI veröffentlicht regelmäßig Auswertungen der gemeldeten Verdachtsfälle im zeitlichen Zusammenhang mit Impfungen im Allgemeinen sowie anlassspezifische Berichte im alle drei Monate erscheinenden Bulletin zur Arzneimittelsicherheit. Im Hinblick auf die HPV-Impfstoffe im Speziellen wurde zuletzt 2018 ein Bericht mit einer Zusammenfassung der wichtigsten Erkenntnisse zur Sicherheit der HPV-Impfung veröffentlicht (Oberle et al., 2018). Die regelmäßige Veröffentlichung bereits gemeldeter Impfnebenwirkungen ist sinnvoll, um das Vertrauen der Bevölkerung und der impfenden Ärztinnen und Ärzte in HPV-Impfstoffe auf Dauer sicherzustellen.

Der zum Zeitpunkt der Konzepterstellung aktuelle Forschungsstand zum Sicherheitsprofil der HPV-Impfstoffe findet sich im Unterkapitel Wirksamkeit und Sicherheit der HPV-Impfung. Gemäß § 13 Abs. 5 IfSG ist es vorgesehen, dass dem PEI u.a. Abrechnungsdaten der KVen für die Pharmakovigilanz zur Verfügung gestellt werden.

Akzeptanz der Impfung

Die BZgA führte zwischen 2012 und 2022 regelmäßige bundesweite Repräsentativbefragungen zu verschiedenen Themenfelder durch. In den Befragungen bzgl. des Impfens wurden Einstellungen, Wissen und Verhalten verschiedener Bevölkerungsgruppen zu den von der STIKO empfohlenen Impfungen erfasst. Ziel war es, Veränderungen über die Zeit hinweg zu ermitteln und mögliche Hürden für die Nichtinanspruchnahme von Impfungen zu identifizieren. Neben dem Impfverhalten und der generellen Impfbereitschaft sollen auch Impfhindernisse und mögliche Vorbehalte gegenüber Impfungen identifiziert werden. In diesem Rahmen wurden durch die BZgA Kenntnisse und Einstellung der Allgemeinbevölkerung zu HPV und der HPV-Impfung sowohl in den regelmäßigen Umfragen zum Infektionsschutz zwischen 2012 und 2024 als auch bei Erhebungen zur sexuellen Gesundheit und sexuell übertragbaren Krankheiten erfasst.

Darüber hinaus wird die Akzeptanz von Impfungen in Studien untersucht. Der Bekanntheitsgrad sowie der Wissensstand zu HPV und zur HPV-Impfung, aber auch die Einstellung zur HPV-Impfung, wurden unter anderem im Rahmen der Ressortforschung des BMG durch Befragungen in den Projekten „digiMed‑HPV“ und „InveSt HPV“ sowohl in der Bevölkerung aber auch in der Ärzteschaft untersucht.

Die zum Zeitpunkt der Konzepterstellung aktuell verfügbaren Ergebnisse der zuvor genannten Bevölkerungsbefragungen finden Sie im Abschnitt: Aktuelle Situation in Deutschland - HPV-Impfwissen und Akzeptanz der HPV-Impfung.

 

Ausblick:

Anfang 2025 ist die BZgA in das BIÖG übergegangen. Das BIÖG baut auf der langjährigen Erfahrung der BZgA in der Gesundheitskommunikation auf und wird als zentrale Institution im deutschen Public-Health-System weiterentwickelt. Eine Fortsetzung der bisherigen Bevölkerungsbefragungen ist aktuell nicht geplant. Perspektivisch sollen Daten zu Impfverhalten und -akzeptanz in der Bevölkerung im Rahmen des am RKI angesiedelten Panels „Gesundheit in Deutschland“ gesammelt werden. Auf Basis dieser Daten können Vorbehalte und Hindernisse identifiziert und Maßnahmen zur Verbesserung des Schutzverhaltens zielgerichtet weiterentwickelt oder neu geplant werden.

Akteure:       RKI, BIÖG

Letzte Aktualisierung: 28.11.2025