Impfen in Deutschland

Impfung gegen humane Papillomviren (HPV)

Verfügbare Impfstoffe gegen HPV

Aktuell sind in Deutschland zwei adjuvantierte HPV-Impfstoffe verfügbar. Beide Impfstoffe basieren auf sogenannten „virus-like particles“ (VLPs), die aus dem Hauptcapsidprotein L1 der Papillomviren bestehen. Als sphärische Partikel ähneln diese L1-VLPs damit Viruspartikeln, enthalten aber keine virale Erbinformation oder weitere virale Bestandteile (Proteine) und besitzen somit kein onkogenes Potenzial. Durch eine Mischung verschiedener L1-VLPs können die Impfstoffe gegen mehrere HPV-Typen gleichzeitig Schutz vermitteln.

Der zweivalente Impfstoff (Cervarix®) schützt durch die enthaltenen Antigene direkt vor etwa 70% (HPV 16 und 18), der neunvalente Impfstoff (Gardasil®9) vor etwa 90% (zusätzlich HPV 31, 33, 45, 52 und 58) der durch Hochrisiko-HPV-Typen ausgelösten Gebärmutterhalskarzinome. Für den zweivalenten Impfstoff ist jedoch eine gewisse Kreuzprotektion für die nicht im Impfstoff enthaltenen Typen HPV 31, 33 und 45 beschrieben. Für die restlichen Tumorlokalisationen spielt vor allem der Typ HPV 16, bei einzelnen Lokalisationen auch die Typen HPV 18 und 33 eine Rolle (siehe Abbildung 1). Der neunvalente Impfstoff enthält zusätzlich auch Antigene gegen die Typen HPV 6 und 11, die für etwa 90% der auftretenden Genitalwarzen verantwortlich gemacht werden.

Die Zulassung eines HPV-Impfstoffes innerhalb der EU erfolgte erstmalig im Jahr 2006 mit dem quadrivalenten Impfstoff Gardasil® der Firma Merck, welcher Antigene gegen die HPV-Typen 6, 11, 16 und 18 enthielt. Kurz darauf im Jahr 2007 folgte die Zulassung des Impfstoffes Cervarix® von GlaxoSmithKline (GSK). Gardasil® wurde auf dem deutschen Markt 2015 praktisch durch den neunvalenten Nachfolger Gardasil®9 ersetzt. Im Zeitraum vom 27.2.2020 – 19.11.2020 kam es letztmalig zu einem langandauernden Lieferengpass eines HPV-Impfstoffes, der den Impfstoff Gardasil®9 betraf.

Wirksamkeit und Sicherheit der HPV-Impfung

Wirksamkeit der HPV-Impfung

Die HPV-Impfstoffe zeigen eine sehr hohe Wirksamkeit gegen verschiedene Endpunkte. Sie sind sehr immunogen und lösen in den meisten HPV-naiven Personen eine Immunantwort aus, die vor einer Infektion mit den HPV-Typen schützt, deren Antigene in den Impfstoffen enthalten sind. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass bereits nach einer einzelnen Impfstoffdosis eine schützende Immunantwort aufgebaut wird. Jedoch sind dabei die Antikörperlevel signifikant niedriger als nach zwei oder drei Impfdosen. Ob dies einen Einfluss z. B. in Bezug auf die Langzeitwirksamkeit hat, ist bislang noch unklar. In den bisher durchgeführten Studien zeigten sich bis über 10 Jahre nach Impfung eine hohe Wirksamkeit ohne Hinweise auf eine Abnahme des HPV-Impfschutzes gegenüber den Hochrisiko-HPV-Typen 16 und 18 – unabhängig von der Anzahl der verabreichten Impfdosen.

Aufgrund der langen Dauer zwischen persistierender Infektion und Karzinomentwicklung am Gebärmutterhals lagen lange nur Studien vor, die die Wirksamkeit der HPV-Impfung gegen Infektionen und Krebsvorstufen, nicht jedoch gegen die Verhinderung von Zervixkarzinomen zeigen konnten. Mittlerweile gibt es mehrere große Studien aus Schweden, Großbritannien, Dänemark und Schottland, die belegen, dass die seit 2006 in Europa zugelassene HPV-Impfung wirksam Gebärmutterhalskrebs verhindern kann. Weitere Details zu den Studien finden Sie hier.

International wurde die Empfehlung zur HPV-Impfung in einigen Ländern frühzeitig umgesetzt. Zum Beispiel wurde in Australien bereits 2007 mit einem HPV-Impfprogramm für Mädchen und Frauen bis zum Alter von 26 Jahren begonnen und dieses 2013 auf Jungen ausgeweitet. Mit einer im Vergleich zu anderen Ländern sehr guten Akzeptanz zeigten sich in Australien bereits 10 Jahre nach Einführung der HPV-Impfung relativ früh Effekte auf die Krankheitslast durch HPV. Diese frühen Erfolge bestätigten, dass bei einer anhaltend hohen Durchimpfungsrate sowohl bei Männern als auch bei Frauen die Eliminierung von Gebärmutterhalskrebs in Australien erreichbar ist.

Sicherheit der HPV-Impfung

Die Sicherheit der HPV-Impfung wird national wie auch weltweit überwacht. Zusammenfassend weist der aktuelle Forschungsstand auf ein gutes Sicherheitsprofil der in Deutschland verwendeten HPV-Impfstoffe hin. Das Global Advisory Committee on Vaccine Safety (GACVS) der WHO hat seit 2007 regelmäßig eine Bewertung von Sicherheitsdaten zur HPV-Impfung vorgenommen und veröffentlicht, bis auf Einzelfälle wurden keine anhaltenden oder die Gesundheit nachhaltig beeinträchtigenden Nebenwirkungen registriert.

Der letzten Bewertung aus dem Jahr 2017, der mittlerweile weltweit insgesamt mehr als 270 Mio. verimpfte Dosen zugrunde liegen, waren Bewertungen in den Jahren 2007, 2008, 2009, 2013, 2014 und 2015 vorausgegangen. In Deutschland sammelt und bewertet das für die Sicherheit von Impfstoffen zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) seit 2007 systematisch Daten zu unerwünschten Wirkungen nach HPV-Impfung.

Basierend auf diesen Daten wurden seit Empfehlung der Impfung 2007 keine schweren unerwünschten Wirkungen gemeldet, die ursächlich in Zusammenhang mit der HPV-Impfung standen. Sehr häufig berichtet wird bei der HPV-Impfung von lokalen Reaktionen an der Einstichstelle, wie Schwellung, Rötung und Schmerzen. Vermehrt wurden Kreislaufreaktionen wie Schwindel oder „Schwarz-Werden-Vor-Den-Augen“ beschrieben.

Diese kurzfristigen Kreislaufreaktionen – wie auch die lokalen Reaktionen an der Einstichstelle – lassen sich bei Jugendlichen in vergleichbarem Maße auch bei anderen Impfungen beobachten (z. B. Auffrischimpfung für Tetanus-Diphtherie-Pertussis-Polio). Die Kreislaufreaktion ist meist Ausdruck von Angst bzw. Stress im Zusammenhang mit der Impfung. In Internet-Foren wird häufig auch über einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der HPV-Impfung und dem Auftreten des „komplexen regionalen Schmerzsyndroms“ (CRPS, complex regional pain syndrome) und dem„posturalen orthostatischen Tachykardiesyndrom“ (POTS, postural orthostatic tachycardia syndrome) berichtet, basierend auf Beobachtungen unter Jugendlichen in Dänemark.

Die Überprüfung durch das Pharmacovigilance Risk Assessment Committee der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA aus dem Jahr 2015 ergab keinen Hinweis darauf, dass sich die Gesamtraten dieser beiden Syndrome bei geimpften Mädchen und jungen Frauen von den erwarteten Raten in dieser Altersgruppe unterscheiden. Beide Erkrankungen treten in der Allgemeinbevölkerung einschließlich der Jugendlichen auf, unabhängig davon, ob sie geimpft wurden.

Empfehlungen der STIKO zur HPV-Impfung

Die Ständige Impfkommission (STIKO) beim Robert Koch-Institut (RKI) ist ein unabhängiges Expertengremium, das vom Bundesministerium für Gesundheit (BMG) alle 3 Jahre berufen wird und Impfempfehlungen für Deutschland entwickelt. Die von der STIKO empfohlenen Impfungen sind Grundlage für die Schutzimpfungsrichtlinie (SI-RL) des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) und werden mit Aufnahme in die SI-RL Pflichtleistung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) in Deutschland. Entsprechend der gesetzlichen Vorgaben des G-BA in der SI-RL sind die Empfehlungen der STIKO zu berücksichtigen und ein Beschluss zur Umsetzung aktuell innerhalb von 2 Monaten nach Veröffentlichung der Empfehlungen zu treffen. Weitere Details zur Umsetzung der STIKO-Empfehlung zur HPV-Impfung in der SI-RL finden Sie unter folgendem Link: Umsetzung der STIKO-Empfehlung zur HPV-Impfung in der Schutzimpfungsrichtlinie des G-BA

Sechs Monate nach der Zulassung des ersten HPV-Impfstoffes in Europa erfolgte im März 2007 die erste Empfehlung zur HPV-Impfung durch die STIKO. Dabei wurde die HPV-Impfung zunächst nur für Mädchen empfohlen. Aufgrund neuer wissenschaftlicher Daten wurde die HPV-Impfempfehlung im Laufe der Jahre zweimal angepasst (siehe Abbildung 2). 2018 erfolgte schließlich die aktuell gültige Empfehlung der STIKO, die neben allen Mädchen auch allen Jungen eine Impfung im Alter von 9-14 Jahren empfiehlt. Nachholimpfungen sollen ebenfalls bis zum Alter von 17 Jahren durchgeführt werden.

Impfziel ist die Reduktion der Krankheitslast durch HPV-assoziierte Tumoren (Weitere Informationen zur Krankheitslast unter folgendem Link: Aktuelle Situation in Deutschland). Im Sinne der Geschlechtergerechtigkeit ermöglicht diese geschlechterneutrale Impfempfehlung Jungen und Männern den Aufbau eines eigenen Impfschutzes vor einer HPV-Infektion bzw. möglichen Folgeerkrankungen wie Genitalwarzen und Karzinomen, unabhängig von der Höhe der Mädchen-Impfquoten.

Des Weiteren wird mit einer geschlechter-unabhängigen HPV-Impfung die gesellschaftliche Verantwortung für eine Reduktion der HPV-Krankheitslast in Deutschland auf beide Geschlechter verteilt. Darüber hinaus profitieren Männer, die Sex mit Männern haben (MSM) – eine Personengruppe mit einem deutlich erhöhten Risiko für eine HPV-Infektion – nicht oder nur gering von einer durch die Mädchenimpfung induzierten Herdenprotektion, da die sexuellen Kontakte ausschließlich oder fast ausschließlich unter Männern stattfinden. Eine HPV-Impfung bereits im Jungenalter ermöglicht damit für (spätere) MSM ebenfalls einen HPV-Schutz vor Beginn der sexuellen Aktivität.

Eine Beschreibung der Historie der STIKO-Empfehlungen zur HPV-Impfung finden Sie unter folgendem Link: Historie der HPV-Impfempfehlung in Deutschland

Quellen

Oberle et al., Bulletin zur Arzneimittelsicherheit des BfArM und PEI, Ausgabe 3/2018 (www.pei.de/SharedDocs/Downloads/DE/newsroom/bulletin-arzneimittelsicherheit/2018/3-2018.pdf?__blob=publicationFile&v=3)

Ref: https://www.pei.de/DE/arzneimittelsicherheit-vigilanz/archiv-sicherheitsinformationen/2015/ablage2015/2015-11-05-hpv-impfstoffe-analyse-sicherheitsprofil-ema-kein-hinweis-auf-crps-pots.html).

Ständige Impfkommission (STIKO) www.stiko.de

Robert Koch-Institut (RKI): Mitteilung der Ständigen Impfkommission (STIKO) am RKI: Impfung gegen humane Papillomvieren (HPV) für Mädchen von 12 bis 17 Jahren – Empfehlung und Begründung 2007; Epid. Bull. 2007;12:97 – 103

Robert Koch-Institut (RKI): Mitteilung der Ständigen Impfkommission (STIKO) am RKI: Wissenschaftliche Begründung für die Änderung der Empfehlung zur Impfung gegen Humane Papillomviren 2014; Epid. Bull. 2014;35:341 – 347

Delere Y, Wichmann O, Klug SJ, et al: Effektivität und Dauer des Schutzes nach Impfung gegen humane Papillomviren: Eine systematische Literaturübersicht und Metaanalyse. Deutsches Ärzteblatt 2014; 111: 584 – 591

AG HPV der Ständigen Impfkommission (STIKO): Wissenschaftliche Begründung für die Empfehlung der HPV-Impfung für Jungen im Alter von 9 bis 14 Jahren. Epid Bull 2018;26:233 – 250

Letzte Aktualisierung: 07.02.2025

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