Nationale Impfstrategien & Impfziele

Aktuelle Impfziele in Deutschland

Für Erkrankungen, die überwiegend von Mensch zu Mensch übertragen werden, gilt: In Bevölkerungsgruppen mit hohen Impfquoten können sich die Krankheitserreger nicht mehr ausbreiten und können dadurch schließlich regional oder sogar weltweit ausgerottet werden

Zur Herstellung eines sicheren Kollektivschutzes variiert für jede Infektionskrankheit der erforderliche Anteil der geimpften Personen in der Bevölkerung. Für Diphtherie liegt er z. B. bei mindestens 85 %, für Masern bei mindestens 92 – 95 %. Bei Krankheiten, bei denen das Ziel einer regionalen Eliminierung oder einer weltweiten Eradikation angestrebt wird, müssen die dafür notwendigen sehr hohen Immunitätsraten (90 % oder sogar 95 %) flächendeckend erreicht werden. Das heißt nicht nur in jedem Bundesland, sondern auch in jedem Kreis und jeder Stadt. Nur dann können bei hoch kontagiösen Krankheiten (z. B. Masern, Pertussis, Varizellen) auch regionale und lokale Ausbrüche verhindert werden.

Daher wurden im Nationalen Impfplan (NIP) spezifische Impfquotenziele aufgenommen, die in Anlehnung an die WHO-Ziele und vor dem Hintergrund der epidemiologischen Situation wie folgt formuliert wurden:

  • Steigerung der Impfquote für die 1. und 2. Masern-Mumps-Röteln (MMR)-Impfung bei Kindern und Jugendlichen in allen Regionen der Bundesrepublik auf 95 % (WHO-Ziel).
  • Alle weiblichen Jugendlichen sowie Frauen im gebärfähigen Alter sollten 2-mal gegen MMR (mindestens aber Röteln) geimpft worden sein (WHO-Ziel, STIKO-Empfehlung).
  • Über 95 % der Kleinkinder sollten im 2. Lebensjahr die 4. Dosis der Pertussisimpfung erhalten haben. (Hinweis: Die STIKO-Empfehlung hat sich inzwischen geändert. Zur Grundimmunisierung werden für reifgeborene Kinder 3 Impfungen im 1. Lebensjahr benötigt: reduziertes 2+1-Schema anstelle des alten 3+1-Schema)
  • Die Inanspruchnahme von Auffrischungsimpfungen gegen Diphtherie, Tetanus, Pertussis und Polio bei Schulkindern oder Jugendlichen sollte auf ≥ 90% erhöht werden (unzureichende Impfquoten).
  • Die Durchimpfung gegen Hepatitis B bei Kindern und Jugendlichen sollte auf ≥ 95% gesteigert werden (unzureichende Impfquoten).
  • Die Influenza-Impfquoten sollten bei Senioren und Risikogruppen auf über 75 % gesteigert werden (EU-Ziel).

Impfziele des Nationalen Aktionsplan 2015-2020 zur Elimination der Masern und Röteln in Deutschland (NAP)

Internationale Ziele

Auf internationaler und europäischer Ebene wurden Impfziele und Strategien von Organisationen wie der WHO und der EU formuliert. Im April 2020 veröffentlichte die WHO die „Immunization Agenda 2030“ (IA2030), die den „Global Vaccine Action Plan 2011–2020“ ablöste. Darauf basierend wurde die „European Immunization Agenda 2030“ (EIA2030) entwickelt, um in der WHO-Region Europa bis 2030 den vollen Nutzen von Impfungen zu erreichen.

Die EIA2030 verfolgt folgende Hauptziele (sogenannte Impact-Ziele):

Zur Erreichung dieser Ziele definiert die EIA2030 sieben strategische Schwerpunkte, die sich an Grundprinzipien wie evidenzbasierten Entscheidungen orientieren.Der Fortschritt wird durch festgelegte Indikatoren überwacht.4 Dazu gehören Indikatoren, mit denen die Erreichung der oben genannten Hauptziele beurteilt werden kann und sich auf die Kontrolle von Krankheiten wie Polio, Masern und Hepatitis B sowie auf den gleichberechtigten Zugang zu Impfungen konzentrieren (s. nachfolgende Abbildung). Neben diesen Impact-Indikatoren wurde ein Reihe von zusätzlichen Indikatoren für die sieben strategischen Schwerpunkt benannt.4 


Als konkrete europäische Impfquotenziele sind in der EIA2030 unter anderem folgende benannt:4 

  • mindestens 90 % für die dritte Hepatitis B-Impfung bei Kleinkindern
    (EIA2030 Impact-Indikator 3)
  • mindestens 90 % für die vollständige HPV-Impfung bei 15-jährigen Mädchen
    (EIA2030 Impact-Indikatoren 4 und 7 sowie Strategische Prioritäten Indikator 4.1)
  • mindestens 90 % (bzw. 95 % in 90 % der Landkreise) für die dritte Diphtherie-/Tetanus-/Pertussis-Impfung 
    (EIA2030 Impact-Indikatoren 6 und 7)
  • mindestens 90 % für die dritte Pneumokokken-Impfung im ersten Lebensjahr 
    (EIA2030 Impact-Indikator 7)
  • mindestens 95 % für die zweite Masern-Impfung im zweiten Lebensjahr 
    (EIA2030 Strategische Prioritäten Indikator 4.1)
  • mindestens 75 % für die saisonale Influenza-Impfung bei Seniorinnen und Senioren (60 Jahre und älter) sowie bei medizinischem Personal
    (EIA2030 Strategische Prioritäten Indikator 4.1)

Mit dem European Immunization Agenda 2030 Dashboard steht eine Übersicht zur Verfügung, mit welcher sich der Fortschritt bei jedem Indikator von regionaler (WHO-Region Europa) bis nationaler Ebene (jeweiliges Land) veranschaulichen lässt.

 

Quellen:

1. Milbradt & Ludwig. Bundeslandübergreifende Förderung der Impfprävention in Deutschland mit Orientierung an europäischen Zielen: die Nationale Lenkungsgruppe Impfen (NaLI). Bundesgesundheitsbl 68, 360–367 (2025). https://doi.org/10.1007/s00103-025-04026-4CC BY-NC-SA 3.0 IGO

2. World Health Organization. Regional Office forEurope (2021) European Immunization Agenda 2030. https://iris.who.int/bitstream/handle/10665/348002/9789289056052-eng.pdf?sequence=1

3. Kouros et al. (2024) Berichtsband zur 8. NationalenImpfkonferenz. Impfen mit Blick in die Zukunft– Neue Segel setzen! Ministerium für Soziales,Gesundheit und Sport Mecklenburg-Vorpom-mern, Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheitund Gleichstellung des Landes Sachsen-An-halt (Hrsg.). www.nali-impfen.de/nali/nationale-impfkonferenzen-nik

4. World Health Organization. Regional Office forEurope (2024) Compendium of indicators for themonitoring and evaluation framework of theEuropean Immunization Agenda 2030. WHO/EURO:2024-9113-48885-72799, https://iris.who.int/bitstream/handle/10665/375966/WHO-EURO-2024-9113-48885-72799-eng.pdf?sequence=1

Letzte Aktualisierung: 01.07.2025